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Von Uta Effern-Salhoub
KÖNIGSWINTER. Die katholischen Kirchengemeinden am Fuße des Oelbergs stehen vor einem Strukturwandel. Die Aufgaben und das Personal in den vier Gemeinden des Seelsorgebereiches Königswinter-Bergregion werden in diesem Jahr neu verteilt. Die ersten Pflöcke für die künftige engere Zusammenarbeit werden eingeschlagen, wenn sich am Mittwoch der Pfarrverband ,,Königswinter am Oelberg" gründet. Von zwei Geistlichen, die jahrzehntelang in ihren Gemeinden im Siebengebirge wirkten, werden sich die katholischen Christen in diesem Jahr verabschieden müssen: Pfarrer Willi Müller (71), der fast 23 Jahre in der Kirchengemeinde Sankt Pankratius in Oberpleis wirkte, geht zum 1. September in den Ruhestand. Möglicherweise bereits im Sommer wird auch Leo Vetter-Diez (61) aus Stieldorf dem Siebengebirge Adieu sagen: ,,Ich werde hier weggehen und eine neue Stelle als Pfarrvikar in einer anderen Gemeinde antreten", bestätigte er auf Anfrage. Grund: Er müsste nach Müllers Rückzug in dem neuen Pfarrverband die Gemeinde Sankt Pankratius in Oberpleis mit übernehmen ,,und dieser Aufgabe fühle ich mich nicht mehr gewachsen. Das könnte ich nicht durchhalten". Er fürchtet vor allem, den vielen verwaltungstechnischen Belastungen des Kirchen-"Manager"-Jobs nicht standhalten zu können: Reparaturen von Bauten und Personalfragen in Altenheim, Kindergärten und Pfarrbüros wären nur zwei von vielen Organisationsaufgaben in einem viel größeren Zuständigkeitsgebiet als es heute alleine Sankt Margareta Stieldorf darstellt. Vetter-Diez ist dort seit dem 9. Januar 1983 Pfarrer. Seinen Entschluss teilt er seiner Gemeinde im morgigen Pfarrbrief mit. Die umgekehrte Entscheidung hat überraschend Pastor Paul Woelki aus Thomasberg getroffen: Er wollte ursprünglich aus gesundheitlichen Gründen zum 1. Juli 2003 in den Ruhestand gehen und hatte dafür die Genehmigung des Erzbischofs Josef Kardinal Meisner bereits in der Tasche ,,In enger Absprache und völliger Übereinstimmung mit Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand" zog Woelki sein Gesuch jetzt aber zurück. Soweit es ihm seine Kräfte erlauben und ,,in Zusammenarbeit mit dem großen Kreis der Mitarbeite
rinnen und Mitarbeiter" wird er ,,bis zur Vollendung meines 75. Lebensjahres meinen Dienst als Priester und Pastor mit Freude weiter ausüben". Seine Gesundheit habe sich wieder stabilisiert, schreibt Woelki im Weihnachtspfarrbrief seiner Gemeinde Sankt Joseph/ Sankt Judas Thaddäus. Die hatte ihm immer wieder versichert, wie sehr sie ihn schätzt und gerne behalten möchte: Im Herbst waren 200 Menschen 900 Kilometer an den Kurort ihres Pastors nach Bad Dürrheim gefahren, um ihm dort zum 70. Geburtstag zu gratulieren. Der Stellenplan des Erzbistums sieht vor, dass Woelki nach der Pensionierung nicht ersetzt wird. Den Pfarrverband mit rund 13 000 Katholiken sollen künftig nur noch zwei Pfarrer betreuen - voraussichtlich von Oberpleis und Ittenbach aus. Das Pfarrhaus in Stieldorf dürfte demnach bald leer stehen. „Wir drängen alle darauf und hoffen sehr, dass Oberpleis als zentrale Pfarrgemeinde neu besetzt wird", sagt der stellvertretende Kirchenvorstandsvorsitzende von Sankt Joseph / Sankt Judas Thaddäus, Franz Bellinghausen. Er sieht im neuen Pfarrverband ,,auch eine große Chance. Wir wissen zum Beispiel zurzeit nur wenig darüber, was in Ittenbach läuft. Das kann nicht gut sein in einer Zeit, wo Menschen mobil sind." Die Thomasberger basteln an einem gemeinsamen Internet-Auftritt für den neuen Verband. Von den Stärken und Qualitäten der Nachbarn - Beispiel Oberpleiser Kolpingfamilie - könne man demnächst besser gegenseitig profitieren, man bilde eine starke ,,Großfamilie". Auf lange Sicht wird aus der ,,alten Riege" der Priester im Königswinterer Berggebiet nur Udo-Maria Schiffers bleiben: Der 58-Jährige ist seit November 1982 Pfarrer der Kirchengemeinde Zur Schmerzreichen Mutter in Ittenbach. Er scheut vor der Aufgabenfülle nicht zurück, möchte weitermachen: ,,Hier habe ich Wurzeln geschlagen" Den Mehranforderungen stellt er sich Ich kann nicht mehr als arbeiten.“ Eine erste konkrete Auswirkung könnte sein, dass eine der drei Ittenbacher Sonntagsmessen gestrichen wird, weil er demnächst seinem neuen Kollegen in Oberpleis und Stieldorf helfen muss. Schiffers denkt, dass die katholische Kirche dem Personalmangel entgegenwirken könnte, wenn es Änderungen beim Zölibat gebe: ,,Wir hätten in unserer Kirche noch viele Interessenten." Die Nachfrage nach geistlicher Beratung tendiere im Moment gegen Null. Schiffers: ,,Das Glaubensleben steckt in einer ganz tiefen Krise."
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Im Juni 2000 forderte das Erzbistum Köln seine Kirchengemeinden auf, in den Seelsorgebereichen stärker zu kooperieren und zusammenzuwachsen. Im Dekanat Königswinter gibt es fünf Seelsorgebereiche Bad Honnef-Tal, Königswinter-Bergregion, Bruchhausen/Erpel/Rheinbreitbach/Unkel, Aegidienberg/Buchholz/Eudenbach/Windhagen sowie Königswinter-Tal. Hintergrund für die Anweisung aus Köln sind fehlender Priester-Nachwuchs, nachlassender Gottesdienstbesuch, Sparzwang sowie immer weniger Menschen, die aktiv als Ehrenamtler in kirchlichen Gremien mitarbeiten wollen. Zur Neustrukturierung der Arbeit bietet das Erzbistum drei Modelle an: Fusion, Pfarreiengemeinschaft oder Pfarrverband. Bis Ende 2002 sollten sich die Gemeinden für ein Modell entscheiden. Der Seelsorgebereich Königswinter-Bergregion favorisiert den Pfarrverband. Darin behalten die Gemeinden Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat (PGR). Sie entsenden Vertreter in die Pfarrverbandskonferenz: Diese kann einen Pfarrverbandsleiter vorschlagen, ernannt wird dieser letztlich vom Erzbischof. In einer Pfarreiengemeinschaft gibt es nur noch einen PGR. Bei einer kompletten Fusion - wie 2000 zwischen Sankt Joseph Thomasberg und Sankt Judas Thadäus Heisterbacherrott - gibt es nur noch einen PGR und einen Kirchenvorstand. ff
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