Chronik

28. Februar 2008

Auf jede Frage gibt es eine Antwort
FAMILIENZENTRUM
Der katholische Kindergarten in Stieldorf ermittelt Elternwünsche in einer groß angelegten Fragebogenaktion im gesamten Kirchspiel. Vereinbarkeit von Familie und Beruf als wichtiges Ziel

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Die Betreuung der Kleinen steht im Mittelpunkt des Stieldorfer Familienzentrums
                                        .FOTOS: FRANK HOMANN

Von
Hansjürgen Melzer

STIELDORF.
Es gibt ihn bereits seit dem Jahr 1972, doch zurzeit erfindet sich der katholische Kindergarten in Stieldorf gerade neu. Seit dem Sommer 2007 ist die Einrichtung eines von drei Familienzentren in Königswinter.

Zurzeit läuft eine Elternbefragung im gesamten Kirchspiel Stieldorf. Dort wurden 550 Fragebogen in Kindertagesstätten, Spielgruppen und der Grundschule verteilt. Rund jeder sechste der 3 377 Haushalte mit 7 200 Einwohnern wurde damit erreicht. Ziel: Das neue Familienzentrum möchte sich einen Überblick über den tatsächlichen Bedarf der Eltern verschaffen. Den Rücklauf von rund einem Drittel der Fragebögen werten die Verantwortlichen um Kindergartenleiterin Marlene Jamann als großen Erfolg, zumal die Aktion noch nicht abgeschlossen ist.

Den Fragebogen hatte die im vergangenen August eingerichtete Steuerungsgruppe von sieben Müttern und Vätern gebildet. Gewünscht werden zum Beispiel Mutter-Kind-Kurse, Ergotherapie, Logopädie, Psychomotorik, Entspannungskurse für Eltern und Kinder, eine zusätzliche Betreuung zwischen 17 und 18 Uhr sowie Kursangebote, die sich mit einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beschäftigen. „Auch für eine Ferienbetreuung der Kinder gibt es einen riesigen Bedarf", berichtet Jamann. Um den vielen Wünschen nachkommen zu können, hat der Kindergarten bereits Kooperationsverträge mit verschiedenen Institutionen geschlossen, weitere - wie zum Beispiel mit der künftigen Erziehungsberatungsstelle der Stadt Königswinter - werden folgen. Geplant ist, dass die Fachleute nach Stieldorf kommen, um sich dort mit den Eltern in einem für diese vertrauten Umfeld zu unterhalten.

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Die Steuerungsgruppe für das Familienzentrum mit Leiterin Jamann (links) und Kirchenvorstandsmitglied Josef Griese.

„Für viele Eltern bedeutet das, eine niedrigere Hemmschwelle. Es hat eine große Qualität, eine solche Anlaufstelle vor Ort zu haben", glaubt Jamann. Um solchen Gesprächen auch den passenden Rahmen geben zu können, wird zurzeit über eine Erweiterung des Kindergartens um einen Therapie- und Besprechungsraum nachgedacht.

Auch ein zusätzlicher Wickel- und Ruheraum im Hinblick auf eine verstärkte Betreuung von Kindern unter drei Jahren ist geplant. „Ich denke, dass wir auch Bundesmittel anzapfen können, um im Rahmen des neuen Kinderbildungsgesetzes da etwas zu machen", sagt Josef Griese vom Kirchenvorstand. Zurzeit besucht nur ein zweijähriges Mädchen den Kindergarten. Im Sommer soll ein weiteres hinzukommen. Insgesamt werden in der Einrichtung an der Oelinghovener Straße 70 Kinder in drei Gruppen, darunter einer Kindertagesgruppe mit 20 Kindern, von drei Gruppenleiterinnen, drei Ergänzungskräften und einer freigestellten Leiterin betreut.

Dem Kinderbildungsgesetz (KiBiz) steht Marlene Jamann, die seit elf Jahren in Stieldorf arbeitet, eher kritisch gegenüber, besonders was seine Auswirkungen auf die in ihrem Kindergarten groß geschriebene Vereinbarkeit von Beruf und Familie anbetrifft. Bei der am 15. Februar abgeschlossenen Bedarfsabfrage bei den Eltern habe sich herausgestellt, dass viele Familien ab dem kommenden Sommer weniger Stunden für ihr Kind „buchen" als bisher. „Viele nehmen die 25 Stunden, weil es einfach preiswerter ist. Das wird für einzelne Einrichtungen große Auswirkungen haben", sagt Jamann.

Nach dem KiBiz richtet sich die Kindergarten-Finanzierung künftig primär danach, ob ein Kind die Einrichtung 25, 35 oder 45 Stunden in der Woche besucht. Bisher belegen in Stieldorf 20 Kinder einen Ganztagsplatz von 7 bis 16 Uhr, künftig werden es weniger sein. Die meisten Eltern, rund 30, haben bei der Abfrage eine 35-Stunden-Betreuung von 7 bis 14 Uhr gewählt.

Wer Informations- und Beratungsbedarf rund ums Kind hat, kann sich unmittelbar an das Familienzentrum wenden. Für jede Frage wird er dort eine Antwort finden, auch wenn er nur einen Babysitter oder eine Tagesmutter sucht. "Unser Bekanntheitsgrad wächst", hat Jamann festgestellt.

Von den 12,000 Euro pro Jahr, die der Kindergarten als Familienzentrum erhält, werden Honorare, aber auch Flyer, der Aufbau einer eigenen Homepage und zum Beispiel die Stühle finanziert, die bei künftigen Vorträgen im Mehrzweckraum des Kindergartens als Sitzmöbel dienen sollen. Die Angebote sollen dabei für die Eltern kostenneutral sein, weshalb auch Eltern gesucht werden, die ihre eigenen Fähigkeiten selbst als künftige Kursleiter einzusetzen bereit sind.

Die Angebote sollen dabei ausdrücklich nicht auf Eltern und Kinder beschränkt sein, geplant sind auch Großelternnachmittage oder Familientage mit Oma und Opa. „Es ist ein Riesengeschenk für alle, wenn die Senioren in unseren Kindergarten kommen", ist Jamann eine große Anhängerin einer generationsübergreifenden Arbeit in ihrer Einrichtung.

Am 22. Juni ist die große Auftaktveranstaltung für das Familienzentrum mit einem Familiengottesdienst und einem anschließenden Programm im Kindergarten geplant. Um dem Ganzen „auch ein öffentliches Gesicht zu geben", wie Jamann sagt.

      Am Donnerstag, 6. März 2008, referiert der Diplompsychologe Hans-Josef Neu vom Katholischen Bildungswerk des Rhein-Sieg-Kreises in seinem Vortrag „Vom Kindergarten in die Schule" über das Thema Schulreife. Die Veranstaltung im katholischen Kindergarten beginnt um 19.30 Uhr.

Quelle: General-Anzeiger vom 28.02.2008
 

FAMILIENZENTRUM 

Seit dem 1. August 2007 gibt in Königswinter drei Familienzentren in der so genannten Förderphase. Neben dem katholischen Kindergarten in Stieldorf sind das die von der evangelischen Kirche unterstützte Christliche Kindergarteninitiative „Menschenkinder" in Thomasberg sowie der Verbund der drei katholischen Kindergärten im Talbereich St. Remigius, St. Laurentius und St. Michael. Die Einrichtungen werden in diesem Jahr durch das vom Land vor wenigen Wochen beauftragte Institut „PädQUIS" zertifiziert, ein Verfahren, das künftig alle vier Jahre wiederholt werden soll. Die Evaluierungsunterlagen erhalten die Kindergärten im März. Für die Förderphase 2008/2009 kann die Stadt bis zum 1. Juni ein weiteres Familienzentrum vorschlagen. Bis zum Jahr 2012 sind in jedem der insgesamt acht „Sozialräume" des Stadtgebiets Familienzentren geplant.        mel